Behandlungssituation Sprachstörungen

Sprachstörungen

Als Sprachstörung bezeichnet man alle sprachlichen Beeinträchtigungen, die sich in der gedanklichen Erzeugung von Sprache manifestieren. Sie können den Sprachaufbau, die Schriftsprache und das Sprachverständnis betreffen und sowohl im Verlauf des kindlichen Spracherwerbs als auch nach bereits abgeschlossener Sprachentwicklung auftreten. Zu meinem Behandlungsspektrum zählen:

Sprachentwicklungsverzögerung oder -störung

Störungsbild:
Bei einer Sprachentwicklungsverzögerung (SEV) oder Sprachentwicklungsstörung (SES) ist der „normale“ kindliche Spracherwerb verzögert oder beeinträchtigt. Der Entwicklungsrückstand kann isoliert oder im Zusammenhang mit anderen Beeinträchtigungen, bspw. in den Bereichen Wahrnehmung oder Motorik, auftreten und sich auf den Wortschatz, die Aussprache, die Grammatik und das Sprachverständnis auswirken.

Anhaltspunkte zum regulären Spracherwerb finden Sie hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Spracherwerb

Therapeutische Maßnahmen:
Jede Therapie wird basierend auf dem Erstgespräch, der Eingangsdiagnostik und dem Verlauf der Behandlung individuell auf Ihr Kind zugeschnitten. Zahlreiche Methoden werden z.B. in Spiele eingebaut, die sich nach den Interessen Ihres Kindes richten und u. a. auf folgenden Konzepten beruhen:

  • Psycholinguistische Phonologietherapie / P.O.P.T. (Fox)
  • Patholinguistische Therapie (Kauschke und Siegmüller)
  • Kontextoptimierung (Motsch)
  • myofunktionelle Therapie / MFT (Kittel)
  • Neurofunktionelle Reorganisation (Padovan)

Late Talker – verspäteter Sprechbeginn

Störungsbild:
Ein verspäteter Sprechbeginn liegt dann vor, wenn der Wortschatz mit 24 Monaten unter 50 Wörtern liegt und keine Wortkombinationen produziert werden.
Manchmal sind auch das Wortverständnis und die lautliche Entwicklung verzögert, sowie kognitive Fähigkeiten wie das Symbolspiel („so tun als ob“) und die Objektpermanenz (wissen, dass ein Gegenstand da ist, auch wenn er nicht sichtbar ist) noch nicht  ausreichend entwickelt. Somit ist es wichtig, im Spiel mit dem Kind zunächst symbolische und kommunikative Grundfertigkeiten aufzubauen. Etwa die Hälfte aller sog. Late Talker kann die Defizite mit entsprechender Förderung bis zum 3. Lebensjahr aufholen. Da jedoch mindestens 50 % der Late Talker ab dem 3. Geburtstag sprachliche Auffälligkeiten im Sinne einer spezifischen Sprachentwicklungsstörung zeigen (Kauschke, 2003), ist ein frühzeitiger Behandlungsbeginn in bestimmten Fällen dringend indiziert.

Therapeutische Maßnahmen:
In der Late-Talker-Therapie werden spielerisch die Voraussetzungen für den Spracherwerb geschaffen, indem symbolische und kommunikative Grundfähigkeiten aufgebaut werden. Zudem bilden Körperübungen und eine intensive Elternberatung wichtige Bestandteile der Therapie beruhend auf folgenden Konzepten:

  • Frühe interaktive Sprachtherapie mit Elterntraining / FiSche (Schelten- Cornish)
  • Sprachentwicklungspsychologischer Ansatz (Zollinger)
  • Neurofunktionelle Reorganisation (Padovan)
  • Orofaziale Regulationstherapie (Castillo Morales)

Zentral-auditive Verarbeitungsstörungen

Störungsbild:
Bei der auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung ist die Weiterleitung akustischer Signale zur Hirnrinde beeinträchtigt, ohne dass das (periphere) Hören selbst betroffen ist. Durch die gestörte Informationsweiterleitung resultieren für den Betroffenen Probleme beim Verstehen, bei der Einordnung und der Abspeicherung akustischer Informationen. Der Hörtest beim Kinderarzt kann also völlig normal ausfallen und dennoch können verschiedenste Teilleistungen des auditiven Systems beeinträchtigt sein, z. B.:

  • das Richtungshören
  • die Unterscheidung ähnlich klingender Laute
  • das Lautstärkeempfinden
  • das Zurückstellen von Hintergrundgeräuschen
  • die auditive Merkspanne
  • die Sprachverarbeitung

Da einige der auditiven Teilleistungsstörungen häufig im Zusammenhang mit Sprachentwicklungsstörungen oder einer Dyslexie/ Lese-Rechtschreibschwäche beobachtet werden, ist es besonders wichtig, Teilleistungsstörungen der auditiven Verarbeitung- und Wahrnehmung frühzeitig zu erkennen und zu beheben, um Folgeschwierigkeiten zu verhindern.Zur Erkennung und differenzierten Diagnostik werden audiologische Testverfahren von Phoniatern, Pädaudiologen oder speziell geschulten Hals-, Nasen- Ohrenärzten durchgeführt, die durch von Sprachtherapeuten eingesetzte psychometrische Testverfahren (Zahlenfolgengedächtnis, Silbensegmentierung, Lautverbindung, etc.) ergänzt werden.

Therapeutische Maßnahmen:
Eine behandlungsbedürftige auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung ist dann gegeben, wenn in mindestens drei Teilfunktionen bedeutsame Auffälligkeiten nachweisbar sind. Die spezifizierten Teilfunktionen werden in der Behandlung durch verschiedenste Therapiemethoden auf Geräusch-, Laut-, Silben-, Wort und Satzebene trainiert. In der AVWS–Therapie lassen sich auch  – zur Freude und somit zur Motivationssteigerung einiger Kinder – Computerprogramme sinnvoll einsetzen, z. B.:

  • AudioLog (Flexoft)
  • MiniLÜK Hörspaß
  • Würzburger Trainingsprogramm (Vorbereitung auf den Schriftspracherwerb)

Mutismus

Störungsbild:
Der Begriff Mutismus (lat. mutus – stumm) bezeichnet eine Redehemmung bei intakter Hör-, Sprach- und Sprechfähigkeit.
Man unterscheidet zwischen totalem und (s)elektivem Mutismus. Beim totalen Mutismus wird die Lautsprache vollständig verweigert. Die Person spricht weder innerhalb der Familie noch außerhalb und vermeidet meist sogar andere phonische Äußerungen wie Weinen, Husten, Lachen oder Atemgeräusche. Auch ein Blickkontakt wird vermieden und die Mimik ist ausdrucksarm. Die Betroffenen agieren z. T. über Gestik und schriftliches Aufzeichnen.
Beim (s)elektiven Mutismus hingegen ist eine normale Kommunikation möglich und das Schweigen geschieht nur partiell gegenüber einer bestimmten Personengruppe oder in definierten Situationen (z. B. Kindergarten, Schule). Die betroffenen Personen können, je nach Situation oder Gegenüber, durchaus sprechfreudig und lebhaft sein, während sie sich an anderer Stelle introvertiert und schweigend zeigen. Ursache für das Schweigen können sowohl psychische als auch organische Faktoren sein.

Therapeutische Maßnahmen:
Systemische Mutismus-Therapie / SYMUT (Hartmann)

Aphasie

Störungsbild:
Eine Aphasie (griechisch: aphasia – Sprachlosigkeit) ist eine erworbene Sprachstörung durch Schädigung der sprachdominanten Gehirnhälfte. Meist (zu 80 %) werden Aphasien durch Schlaganfälle verursacht, jedoch können auch Schädelhirntraumata, Hirntumore, Blutungen, Entzündungen, Vergiftungen oder Anfallsleiden zu vorübergehenden oder dauerhaften aphasischen Störungen führen. Aphasien können Beeinträchtigungen in den sprachlichen Ebenen Sprechen, Verstehen, Lesen und Schreiben in verschiedenen Schweregraden verursachen. Auch nichtsprachliche Funktionsausfälle wie Gedächtnisstörungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, Sehstörungen und Lähmungen von Armen und Beinen (meist halbseitig) können begleitend auftreten. Symptome einer Aphasie können Wortfindungsstörungen, Wortvertauschungen, Lautvertauschungen, Wortneuschöpfungen, ein stockender, aber auch ein überschießender Sprachfluss sein. Bei einer Aphasie ist es besonders wichtig, die Therapie möglichst frühzeitig zu beginnen, da in den ersten sechs Wochen (Akutphase) spontane Verbesserungen oder Veränderungen des Krankheitsbildes auftreten und auch die besten therapeutischen Erfolge erzielt werden können.

Therapeutische Maßnahmen:
In der Aphasietherapie arbeite ich mit modellorientierten Übungen, die funktionsspezifisch und individuell zusammengestellt werden. Dies können sowohl bspw. Bildkarten oder Arbeitsblätter (u. a. Neurolinguistische Aphasietherapie / NAT), als auch handlungsorientierte Aufgaben (z. B. Einkaufszettel / Rezept aufschreiben, einkaufen, Wegbeschreibungen, o. ä.) sein. Einen hohen Anteil hat auch die Beratung hinsichtlich der Alltagsbewältigung und dem Umgang mit der Krankheit. Vorrangiges Ziel der Aphasietherapie ist es, dem Patienten möglichst schnell wieder eine Kommunikation zu ermöglichen, die ausreicht, den Alltag zufrieden stellend zu bewältigen. Bei besonders schwerwiegenden Krankheitsbildern können hierbei auch Methoden aus der Unterstützten Kommunikation (Bildsymbole, Sprachcomputer o. ä.) eingesetzt werden.